CO2 -
CO2 -
Du hast den Scrubber frisch gepackt.
Alles dicht. Alles getestet.
Und trotzdem bleibt die Frage:
Ist mein Kreislauf wirklich CO₂-sicher?
Viele erfahrene Rebreather-Taucher kennen dieses ungute Gefühl. Genau deshalb wurde ein Konzept diskutiert, das für mehr Sicherheit sorgen soll:
Der CO₂-Prebreathe-Test
Doch was bringt dieser Test in der Praxis? Und warum kann er ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermitteln?
Was ist ein CO₂-Prebreathe-Test?
Der Gedanke hinter dem Test ist einfach:
Du atmest für ca. fünf Minuten an der Oberfläche auf dem Rebreather – noch vor dem Abtauchen.
Das Ziel: Frühzeitig feststellen, ob der CO₂-Scrubber funktioniert oder ein kritischer Fehler vorliegt.
Im Idealfall bemerkst du Symptome wie Atemnot oder Unwohlsein, wenn CO₂ nicht korrekt absorbiert wird – und brichst den Tauchgang ab, bevor es gefährlich wird.
Die große Studie: Was sagt die Forschung?
Die bislang umfassendste Untersuchung zum Thema stammt von Deng et al. (2015).
In einem kontrollierten Laborexperiment wurde geprüft, wie zuverlässig der Prebreathe-Test tatsächlich ist.
Das Studiendesign:
• 20 erfahrene Taucher
• Drei Testbedingungen:
- Normaler Scrubber
- Teilweise defekter Scrubber (absichtlich falsch montiert)
- Scrubber komplett entfernt
• Die Probanden wussten nicht, in welchem Zustand sie sich befanden (Blindtest).
→ Herausfinden, ob sie CO₂-Probleme innerhalb von fünf Minuten erkennen.
Das Ergebnis: Nur grobe Fehler erkennbar
Die Resultate waren ernüchternd:
Scrubber-Zustand | Abbrüche durch symptome |
Normal | 0 von 20 |
Teilweise defekt | 2 von 20 |
Ohne Scrubber | 15 von 20 |
Warum der Körper (fast) nichts merkt
Deng et al. haben nicht nur die subjektiven Symptome erfasst, sondern auch physiologische Daten:
• EtCO₂ (endtidales CO₂)
• Atemfrequenz und Volumen
• Minutenventilation
Auffällig:
Beim teilweise defekten Scrubber stieg der PI CO₂ (CO₂ in der Einatemluft) leicht an. Doch die Taucher kompensierten dies unbewusst durch tieferes Atmen der EtCO₂ blieb stabil.
Das Problem:
Ohne steigenden EtCO₂ gibt es keinen Alarmschmerz, kein Unwohlsein, keine Warnung.
Der Körper schlägt nicht an – obwohl das System nicht sicher funktioniert.
CO₂-Vergiftung ist tückisch und oft lautlos
In der Variante „Scrubber fehlt komplett“ stieg der CO₂-Wert im Körper rasant an.
Die meisten Probanden bemerkten das durch Symptome wie:
• Atemnot
• Schwindel
• Druckgefühl im Kopf
• Benommenheit oder Angst
Aber eben nicht alle. Auch hier: fünf von zwanzig fühlten sich “normal” – trotz stark erhöhter Werte.
Die Forscher stellten fest:
Einige Taucher reagierten physiologisch kaum – obwohl ihre CO₂-Werte klar über den sicheren Grenzbereich stiegen.
Die eigentliche Gefahr liegt unter Wasser
Die Studie wurde an der Oberfläche durchgeführt – bei besten Bedingungen.
Doch unter Wasser verschärfen sich die Probleme:
• Erhöhte Atemwiderstände
• Steigende Gasdichte
• Physische Belastung
• Ablenkung
Ein teilweise defekter Scrubber, der an der Oberfläche noch “funktioniert”, kann unter Wasser zur tödlichen Falle werden.
Warum manche Taucher trotzdem nichts merken
Interessanterweise zeigte die Studie:
Ein Anstieg von CO₂ allein löst nicht bei allen Menschen automatisch Warnsymptome aus.
Einige Probanden reagierten gar nicht oder sogar paradox:
→ Steigende CO₂-Werte, aber sinkende Atemfrequenz.
→ Kein spürbares Unwohlsein – trotz messbarer Hyperkapnie.
Das kann an individuellen Toleranzen, Gewöhnung, Trainingsstand oder auch psychologischen Faktoren liegen.
Was bedeutet das für deinen Tauchalltag?
Was bedeutet das für deinen Tauchalltag?
✅ Der Prebreathe-Test kann grobe Fehler aufdecken, etwa wenn du den Scrubber vergessen hast.
❌ Aber: Er gibt dir keine Garantie für CO₂-Sicherheit im Tauchgang – besonders bei schleichenden Fehlern wie:
• Falsch gepacktes Absorbermaterial
• Kanalbildung
• Leichte Undichtigkeiten im Kreislauf
Das sind deine wirklichen Schutzmaßnahmen um CO₂-Vergiftungen zuverlässig zu vermeiden, hilft kein kurzer Atemtest sondern nur Sorgfalt und Wissen:
• Sorgfältiges, standardisiertes Packen
• Regelmäßige Wartung und Checks
• Training zur Erkennung von Hyperkapnie
• Verständnis der eigenen physiologischen Reaktionen
• Kritische Einschätzung der eigenen CO₂-Toleranz
Fazit: Der Prebreathe-Test –
besser als nichts, aber gefährlich überschätzt
Der CO₂-Prebreathe-Test ist kein Ersatz für echte Sicherheitsmaßnahmen.
Er ist ein ergänzender Check – mehr nicht.
Verlass dich nicht auf ein Ritual, das dir eine trügerische Sicherheit vorgaukelt.
Die beste CO₂-Vermeidung beginnt nicht im Rebreather, sondern in deinem Kopf – mit Wissen, Respekt und Disziplin.
Quelle:
📚 Deng et al. (2015): “Effectiveness of a 5-min CO₂ pre-breathe to detect defective CO₂ scrubber packing”, Diving and Hyperbaric Medicine, Vol. 45(1), S. 16–24.